BVFG 2013 - 10. BVFG-Änderungsgesetz

Seit Inkrafttreten des 10. BVFG-Änderungsgesetzes am 14.09.2013 haben sich bestimmte Problemkreise in der anwaltlichen Praxis herauskristallisiert. 

I. Merkmal „Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen"

Hier sind erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten.

Seit der grundlegenden Entscheidung des BVerwG vom 25.1.2008 (5 C 8.07) kann auch die Abstammung von einem deutschen Großelternteil (theoretisch auch von Urgroßeltern) geltend gemacht werden.

Das kann bei einem Erstantrag aber auch bei einem Wiederaufgreifensantrag von Erheblichkeit sein. Schwierigkeiten machen vor allem die Fälle, in denen es früher zu einer bestandskräftigen Ablehnung des Aufnahmeantrages durch das Bundesverwaltungsamt (BVA) gekommen ist und nunmehr auf Grundlage des 10. BVFG-Änderungsgesetzes das Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt werden soll.

Voran gestellt sei, dass sich der Gesetzestext bzgl. des Merkmals der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen oder Staatsangehörigen nicht geändert hat.

Auf den ersten Blick ergibt sich entsprechend auch kein Wiederaufgreifensgrund, die klarstellende Entscheidung des BVerwG vom 25.01.2008 ist dafür natürlich nicht ausreichend.

Allerdings sind im Rahmen der Gesetzesnovelle die Anforderungen an die deutsche Volkszugehörigkeit (§ 6 Abs.2 BVFG) stark modifiziert worden. Das kann zu der interessanten Konstellation führen, dass auch die Beurteilung der deutschen Volkszugehörigkeit eines Elternteils anders - nunmehr positiv - zu beurteilen ist.

Am besten lässt sich das an einem Beispiel verdeutlichen:

Der deutschstämmige Vater der Antragstellerin lebte in Kasachstan. Er war im sowjetischen Inlandspass als „Russe" eingetragen. Im Jahre 1993 erwirkt er eine Änderung der Nationalitäteneintragung und wird fortan in seinem kasachischen Inlandspass als „Deutscher" geführt. Im Jahre 1998 stellen er und seine volljährige Tochter, welche seit 1993 ebenfalls als „Deutsche" im Inlandspass geführt wird, jeweils Anträge auf Aufnahme als Spätaussiedler (im Sinne des § 4 BVFG).

Der Antrag des Vaters wird nach einem erfolgreich bestandenen Sprachtest abgelehnt, da er kein wirksames Bekenntnis zur deutschen Volkszugehörigkeit abgegeben habe. Der Antrag der Tochter wird abgelehnt, da diese nicht von einem deutschen Volkszugehörigen abstamme, denn der Aufnahmeantrag des Vaters sei ja abgelehnt worden (die Mutter war rein russischer Abstammung). Beide Bescheide werden nachfolgend bestandskräftig. Der Vater verstirbt im Jahre 2004.

Im Jahre 2014 beantragt die Tochter ein Wiederaufgreifen ihres Verfahrens unter Hinweis darauf, die von ihr im Jahre 1993 erwirkte Änderung der Nationalitäteneintragung im kasachischen Inlandspass sei nunmehr auf Grundlage des 10. BVFG-Änderungsgesetzes als wirksames Bekenntnis zu werten.

Der Wiederaufgreifensantrag wird mit der Begründung abgelehnt, es liege kein Wiederaufgreifensgrund vor, da das 10. BVFG-Änderungsgesetz keine Änderung im Hinblick auf das Merkmal der deutschen Abstammung vorgenommen habe.

Das ist an sich zutreffend. Andererseits dürfte nunmehr aber auch die deutsche Volkszugehörigkeit des Vaters der Antragstellerin nach den Anforderungen des 10. BVFG-Änderungsgesetzes zu beurteilen sein und danach wäre er ja deutscher Volkszugehöriger i. S. d. § 6 Abs.2 BVFG. Bislang war jedenfalls völlig unstreitig, dass die deutsche Volkszugehörigkeit nach der jeweils aktuellen Gesetzesfassung und nicht etwa nach der Fassung des BVFG zum Bekenntniszeitpunkt (i.d.R. das 16. Lebensjahr für den Bereich der UdSSR und ihrer Nachfolgerepubliken) oder zum Zeitpunkt der Geburt des Abkömmlings oder dem Todeszeitpunkt des Elternteils geprüft wird. Man müsste also einen Wiederaufgreifensgrund bejahen, denn es kommt nicht auf die Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes im Verfahren des Vaters an, sondern darauf, ob er unter Zugrundelegung der aktuellen gesetzlichen Anforderungen deutscher Volkszugehöriger war.

Anders aber, wenn das Beispiel dahingehend abgewandelt wird, dass nur die Antragstellerin und nicht auch ihr Vater seinerzeit die Nationalität im Pass hat ändern lassen. Die Antragstellerin kann sich dann nicht auf eine Abstammung von einem deutschen Elternteil berufen. Wäre die Großmutter der Antragstellerin zum Beispiel im Jahre 1992 als Vertriebene aufgenommen worden, wäre das Merkmal der Abstammung von einer deutschen Volkszugehörigkeit an sich erfüllt. Das führt jedoch nicht zu einem Wiederaufgreifensanspruch, denn die Abstammung von einer deutschen Großmutter hätte die Antragstellerin bereits im ursprünglichen Verfahren geltend machen können (womit sie seinerzeit allerdings in allen Instanzen unterhalb des BVerwG gescheitert wäre).

Bei noch nicht bestandskräftig abgelehnten Aufnahmeanträgen ist es natürlich – vom Ansatz her –problemlos möglich, sich auf die Abstammung von deutschen Großeltern zu berufen. Das ist in der Praxis aber nur in zwei Fällen unproblematisch: entweder der deutsche Großelternteil hat bereits selbst Aufnahme nach dem BVFG gefunden oder er unterlag den bei vielen Volksdeutschen in der UdSSR seit dem 22.6.1941 üblichen Verfolgungen (Umsiedlung; Kommandanturüberwachung, Trud-Armee, Wohnsitzbeschränkung) und das kann nachgewiesen werden, was mit Rehabilitationsbescheinigungen der Herkunftsländer in der Regel problemlos möglich ist.

Kaum lösbare Probleme ergeben sich jedoch, wenn eine Verfolgung nicht nachgewiesen werden kann. Die Vertreibungsmaßnahmen in der UdSSR betrafen nach dem 22.6.1941 in erster Linie nämlich die kompakt siedelnden Volksdeutschen, der berüchtigte Stalin-Erlass vom 28.8.1941 etwa bezog sich nur auf die Wolga-Gebiete. Verstreut siedelnde Volksdeutsche sind in vielen Fällen weder behördlich erfasst noch umgesiedelt worden. Kann nachgewiesen werden, dass jedenfalls vor 1991 der Großelternteil von der Sowjetmacht als „Deutscher" erfasst war (durch entsprechende Geburtsurkunden seiner Kinder; durch seinen Sowjetpass, soweit erhalten), wird immerhin vermutet, dass der Großelternteil auch bereits zum 22.6.1941 als Deutscher galt, was dann erhebliche Bedeutung hat, wenn es sich um eine vor dem 1.1.1924 geborene Person handelt (Frühgeborener i. S. d. § 6 Abs.1 BVFG). In allen anderen Fällen kann es jedoch schwierig bis unmöglich sein, die deutsche Volkszugehörigkeit (i. S. d. BVFG) des Großelternteils nachzuweisen.

II. Merkmal „Bekenntnis zur deutschen Volkszugehörigkeit"

Hier sind in der Praxis keine Probleme aufgetaucht, zumal praktisch alle Antragsteller der nach dem 31.12.1923 geborenen Generation (§ 6 Abs.2 BVFG) angehören.

Entweder lässt sich ein Eintrag als „Deutscher" im Inlandspass nachweisen. Eine Änderung dieses Eintrages ist in Kasachstan oder Kirgistan auch heute noch möglich, da die Pässe entsprechende Angaben vorsehen. Oder es muss das Zertifikat B1 eines Goethe-Instituts im Aussiedlungsgebiet (oder eine vergleichbare Bescheinigung einer deutschen Sprachschule) nachgewiesen werden, was vor allem Bedeutung hat für den Bereich der Russischen Föderation und der Ukraine. Als Bekenntnis gilt auch der Nachweis familiär vermittelter deutscher Sprachkenntnisse, was in der Praxis aber wegen der damit verbundenen Beweisprobleme kaum eine Rolle spielt.

III. Merkmal ausreichende deutsche Sprachkenntnisse

Es ist die Fähigkeit nachzuweisen, ein einfaches Gespräch in deutscher Sprache über alltägliche Themen zu führen. Der Nachweis erfolgt durch einen vom BVA organisierten Sprachtest. Alternativ wird vom BVA auch das Zertifikat B1 akzeptiert (welches an sich anspruchsvoller ist). Es reicht aus, wenn Deutsch als Fremdsprache erlernt wurde, also nicht aufgrund familiärer Vermittlung.

In der Praxis ergeben sich Probleme, wenn der Mandant geltend macht, er könne wegen Behinderung oder chronischer Erkrankung (häufig altersbedingt) Alter Deutsch nicht erlernen.

An die vorzulegenden ärztlichen Nachweise werden vom BVA hohe Anforderungen gestellt, deren Sinnhaftigkeit durchaus hinterfragt werden kann. Macht der Antragsteller etwa geltend, seine geistige Leistungsfähigkeit sei aufgrund von Krankheiten beeinträchtigt (dieser Einwand kommt häufig von älteren Aufnahmebewerbern), wird vom BVA in der Regel ein ärztliches Gutachten verlangt, aus dem sich ergeben soll, dass Deutsch nicht erlernt werden kann.

Das ist problematisch, da es auch in Deutschland im Prinzip keinen Arzt gibt, der einem Patienten eine entsprechende Auswirkung seiner Erkrankung bescheinigen könnte. Das lässt sich mangels entsprechend entwickelter Testverfahren schlichtweg nicht testen. In der Praxis ist dem Mandanten zu empfehlen, zum einen objektive Nachweise für die Gehirnerkrankung oder -Veränderung vorzulegen (in der Regel zumindest ein MRT fertigen zu lassen) und zum anderen einen Gedächtnistest machen zu lassen, insoweit sich sein Neurologe darauf überhaupt einlässt.

IV. Ausschluss von der Aufnahme als Spätaussiedler oder Abkömmling / Ehegatte nach § 5 BVFG

Das 10. BVFG-Änderungsgesetz hat hier keine Änderungen gebracht. In der Praxis sind vor allem drei Konstellationen relevant:

  1. Der Antragsteller hat sich eines Verbrechens strafbar gemacht. Das BVA fordert in praktisch allen Fällen ein polizeiliches Führungszeugnis an, aus dem sich ggf. Vorstrafen ergeben. Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, ob die Verurteilung im Herkunftsland sich tatsächlich auf ein Verbrechen im Sinne des (deutschen) StGB bezieht und lediglich auf ein Vergehen. Ist das der Fall, müssen gerade bei länger zurückliegenden Verurteilungen Tilgungsfristen nach dem BZRG berechnet werden. Da das Gesetz nicht darauf abstellt, ob jemand wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, sondern darauf, ob ein Verbrechen tatsächlich begangen wurde, ist es im Prinzip auch möglich, eine fehlerhafte Verurteilung geltend zu machen.
  2. Der Antragsteller hat in den Aussiedlungsgebieten eine Funktion ausgeübt, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt.

Hierbei kann es sich nur um Vorgänge bis zum 26.12.1991 handeln, an diesem Tag spätestens hat das kommunistische System der UdSSR wegen ihrer Auflösung aufgehört zu existieren.

Ansonsten ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zu der einschlägigen Rechtsprechung aus den 90er Jahren. Bestimmte Positionen (etwa Sowchos- und Kolchosdirektoren, Gewerkschaftsvorsitzende) führen stets zum Ausschluss von der Aufnahme als Spätaussiedler, bei anderen (Militärangehörige, Richter, Staatsanwälte) kommt es auf den Einzelfall an.

  1. Der Antragsteller stammt von einer Person ab, die eine Position im Sinne der Ziff. 2 bekleidet hat.

Hier ist vor allem darauf zu achten, ob für mindestens drei Jahre eine Haushaltsgemeinschaft bestanden hat (möglicherweise hat die Mutter sich ja vom Vater getrennt, als der Antragsteller erst 2 Jahre alt war) und auch darauf, ob eine zeitliche Überschneidung von mindestens 3 Jahren zwischen der beruflichen Position des Elternteils und der Haushaltsgemeinschaft vorgelegen hat.

V. Einbeziehung von Abkömmlingen

Das 10. BVFG-Änderungsgesetz hat erstmals eine unproblematische nachträgliche Einbeziehung von Abkömmlingen ermöglicht. Einzige Einschränkung ist faktisch, dass der Abkömmling (Kind, Enkelkind etc.) vor der Übersiedlung der Bezugsperson nach Deutschland geboren wurde. Bei einer Geburt danach kommt nur eine Miteinreise als Ausländer nach § 8 BVFG in Betracht (nur für Minderjährige möglich).

Problematisch und einer grundsätzlichen Klärung bedürftig ist die Frage, ob eine nachträgliche Einbeziehung auch bei Abkömmlingen möglich ist, deren Abkömmlingseigenschaft erst durch eine nach der Übersiedlung der Bezugsperson erfolgte Adoption oder Vaterschaftsanerkennung „entstanden" ist.

Da die Voraussetzungen für die eigenständige Aufnahme als Spätaussiedler derart erleichtert worden sind, dürfte eine nachträgliche Einbeziehung sich faktisch nur noch für Einzelpersonen ohne Familie lohnen oder für nach dem 31.12.1992 geborene Deutschstämmige (für diesen Personenkreis ist eine Aufnahme als Spätaussiedler grundsätzlich nicht mehr möglich). Oder aber der Aufnahmebewerber schafft zwar das für die Einbeziehung notwendige A1-Zertifikat, nicht aber ein zur Aufnahme als Spätaussiedler in manchen Fällen zum Nachweis des Bekenntnisses erforderliche B1-Zertifikat.

Volljährige Abkömmlinge können nur einbezogen werden, wenn Sie deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 nachweisen. Auch hier gilt, dass nachgewiesen werden kann, dass solche Sprachkenntnisse aufgrund von Behinderungen oder chronischen Erkrankungen nicht erworben werden können.

Adoptivkinder können einbezogen werden, nicht jedoch selbst eine Aufnahme als Spätaussiedler betreiben.

VI. Problemkreis Wohnsitzaufgabe und vorzeitige Wohnsitznahme

Entgegen einer relativ eindeutigen einschlägigen Rechtsprechung des OVG NW lehnt das BVA routinemäßig Aufnahmeanträge von Berechtigten, die in Deutschland studieren, wegen angeblicher Aufgabe des Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet ab. Da bei Studenten der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet in aller Regel fortbesteht, kann das nur so erklärt werden, dass seitens des BVA das Verfahren so lange hinausgezögert wird, bis der Student mit dem Studium fertig ist und sich dann entscheiden muss, ob er in das Aussiedlungsgebiet zurückkehrt oder aber - was inzwischen problemlos möglich ist - eine Aufenthaltserlaubnis zwecks Arbeitssuche beantragt. Letzterenfalls gibt er ggf. kund, dass er seinen Lebensmittelpunkt für eine unbestimmte Zeit nach Deutschland verlegen möchte. Damit kann der Spätaussiedleraufnahmeanspruch wegen fehlenden Wohnsitzes im Aussiedlungsgebiet entfallen, insofern es sich nicht um einen Härtefall handelt. Auf jeden Fall sollte eine ablehnende Entscheidung mit Widerspruch etc. angefochten werden, in solchen Fällen sind praktisch keine Wiederaufgreifensgründe denkbar.

Eine „vorzeitige" Wohnsitznahme in Deutschland ergibt sich, wenn der Aufnahmebewerber noch vor der Erteilung des Aufnahmebescheides seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlagert.

Damit hier keine Wohnsitzaufgabe mit ihrer anspruchsvernichtenden Wirkung entsteht, sollte der Aufnahmeantrag als Härtefallantrag gestellt werden und es sollte der Härtefall dargelegt werden. Dann wird der fortbestehende Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet fingiert, insofern mangels Härtefallgründen der Aufnahmeantrag abgelehnt wird und sodann unverzüglich eine Rückkehr ins Aussiedlungsgebiet erfolgt.

Unproblematisch ist allerdings der Zuzug zu einem deutschen Ehemann noch vor Erteilung des Aufnahmebescheides, insoweit ist ein Härtefall anerkannt.

Oftmals werden Aufnahmeanträge jedoch von Deutschstämmigen gestellt, die Asyl bzw. die Anerkennung als Flüchtlinge beantragt haben. Diese Fälle sind sehr problematisch, vor allem wenn der Aufnahmeantrag erst geraume Zeit nach der Einreise gestellt wird.

Das BVerwG hält in nunmehr ständiger Rechtsprechung ein ungeschriebenes Merkmal des Spätaussiedleraufnahmewillens für erforderlich, d. h. die Einreise nach Deutschland muss zum Zwecke der Spätaussiedleraufnahme und nicht ausschließlich zu anderen Zwecken erfolgen. Dokumentiert wird der Spätaussiedleraufnahmewille durch die Stellung eines Aufnahmeantrages.

Das gilt grundsätzlich auch für Personen, die - etwa als Ehegatten - ausländerrechtlich nach Deutschland einreisen und den Aufnahmeantrag erst geraume Zeit danach stellen. Das geschieht häufig im Zusammenhang mit der Novellierung des BVFG, weil nunmehr früher chancenlose Aufnahmeanträge häufig positiv zu bescheiden wären.

Diese nachträglich gestellten Aufnahmeanträge sind nach aktueller Rechtsprechung jedoch ohne Aussicht, wenn sie in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise nach Deutschland stehen. Wie der zeitliche Zusammenhang allerdings beschaffen sein muss, ist bislang allerdings nicht geklärt, behandelt wurden in der Rechtsprechung bisher nur recht extreme Fälle (Aufnahmeantrag erst mehrere Jahre nach der Wohnsitznahme in Deutschland).

Eben aus diesem Grund scheitern in der Regel auch die - in der Praxis sehr häufigen - Höherstufungsanträge, wenn bereits in Deutschland mit § 7 BVFG aufgenommene Abkömmlinge oder Ehegatten von Spätaussiedlern nunmehr eine "Höherstufung" und Anerkennung als Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG beantragen. Hier fehlt es am Spätaussiedleraufnahmewillen zum Zeitpunkt der Einreise. Hinzu kommt erschwerend, dass für dieses Personen das Recht zum Zeitpunkt der Einreise gilt, also in der Regel nicht das BVFG in der seit dem 14.9.2013 geltenden Fassung (BVerwG Urt. v. 16.7.2015, 1 C 30.14).

VII. Verfahrensdauer

Alle bisherigen Erfahrungen deuten darauf hin, dass zum einen das BVA dem Ansturm infolge des 10. BVFG-Änderungsgesetzes nicht gewachsen ist und zum anderen, dass die Anforderungen an die vorzulegenden Unterlagen deutlich gestiegen sind. Im Prinzip ist es daher fast immer sinnvoll, zunächst einen Aufnahmeantrag zu stellen und parallel etwa Sprachkurse zu besuchen. Bis etwa die Einladung zu einem Sprachtest kommt, vergeht in der Regel mindestens ein Jahr. In der Praxis ist eine Bearbeitungsdauer im Bereich von 1 bis 3 Jahren festzustellen, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass Mandanten Schwierigkeiten haben, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Untätigkeitsklagen sind insoweit vor allem dann sinnvoll, wenn ohnehin mit einer abschlägigen Entscheidung des BVA gerechnet werden muss. Das zu beurteilen, setzt aber eine umfangreiche anwaltliche Praxis auf diesem Rechtsgebiet voraus.